Wen trifft oder betrifft Erleuchtung?
Grundsätzlich kann Erleuchtung jeden betreffen. Sie kann einem Jugendlichen passieren, einem Pensionisten, einem durch und durch guten Menschen und einem Straftäter. Es gibt für die Erleuchtung – per Definition – keine Prädisposition. Weder was Alter, Glaube, Einstellung oder Lebensstil betrifft. Es ist daher ein Irrglaube, dass Erleuchtung ausschließlich durch jahrelange Suche und Praxis zu erlangen ist. Selbst der ethischste und empathischste Mensch, der sein ganzes Leben aufrichtig, redlich und sinnstiftend zubringt, steht der Erleuchtung nicht näher oder ferner als jemand, der dem Profanen zugeneigt ist. Hier zu differenzieren ist das Erlebnis als solches und Ethik, denn beides ist, wie ich noch zeigen werde, nicht grundlegend aneinander gekoppelt. Auch ist zwischen Erwachen, Weisheit und Erleuchtung zu unterscheiden. Es kann jemand erleuchtet aber nicht weise sein, sowie jemand weise aber nicht erleuchtet sein kann.
Gemäß obiger Definition ist Erleuchtung eine Erfahrung, die das Bewusstsein verschiebt, sodass eine andere Perspektive eingenommen werden kann, die das Begreifen von größeren Zusammenhängen ermöglicht. Unter dieser Annahme könnten auch Katzen tendenziell erleuchtet sein, wenn sie durch ihre geschärften Sinne z. B. „den Geist im Wohnzimmer“ sehen, den wir Menschen nicht sehen können, was auf die Wahrnehmung eines anderen Frequenzbandes zurückzuführen ist. Was Katzen – oder auch Hunde – sonst noch sehen, wissen wir nicht, doch ich bin der Meinung, dass es bedeutend mehr ist, als wir glauben.
Darüber hinaus gibt es, wie oben erwähnt, die Riege an zeitgenössischen prominenten Erleuchteten, die via Suchmaschine (im Netz) gefunden werden können, doch in der Gesamtheit wichtiger und betrachtungswürdiger sind m. E. all jene Erleuchteten, die nicht in der Öffentlichkeit stehen. Es sind dies Kinder, Kassiererinnen, Taxifahrer, Eltern, Angestellte, Unternehmer – es sind dies all jene, die nicht öffentlich sind, doch gemäß obigen Schätzungen das Gros stellen.
Persönliches Beispiel:
Ein Bekannter erzählte, er hätte in seiner Jugend beim Angeln ein Erleuchtungserlebnis erfahren. Er wäre abgeschieden gewesen in der Natur, alleine. Es wäre still um ihn gewesen und durch das konzentrierte Blicken auf den See, die Angel, den Angelkorken, hätte sich plötzlich seine Wahrnehmung ausgedehnt, woraufhin er – lt. Definition – eine viel größere, tiefere Schau in die Welt tat, die nun völlig aus den gebräuchlichen Denkbegriffen herausfiel, sodass Raum und Zeit nicht mehr idiomatisch waren, d. h. nicht mehr alleine aus ihrem Wortsinn ablesbar. Er nannte es „Panorama-Bewusstsein“.
Ich halte dies für authentisch. Gehen wir weiters davon aus, dass eine derartige Erfahrung nicht nur den Wenigen vorbehalten ist, die jahrelang darauf hinarbeiten, so geschieht sie öfters, als wir annehmen. Sie kann also jeden betreffen und grundsätzlich jederzeit passieren. Beim Autofahren, beim Abwaschen, beim Bügeln. Daraus folgt: Es braucht keine „Sonderstellung“. Erleuchtung passiert (auch) dem Alltagsmenschen.
Wege zur Erleuchtung
1. Der Königsweg
Eng verknüpft mit der Fragestellung, wem Erleuchtung passiert, ist die Frage, welche Wege es zur Erleuchtung gibt. Wenn ich behaupte, dass selbst ein denkbar unspiritueller Lebensstil mit Schweinsbraten, Biergarten und lautem Lachen einer Erleuchtung nicht im Wege steht, muss ich wohl mit Verwunderung rechnen: Was hat sie da geschrieben? Schweinsbraten? Nein. Aber doch! Da steht’s doch. Na, ob die Bayern schon erleuchtet ist …?
Doch um dem genehmeren und vor allem traditionellerem Verständnis zunächst genüge zu tun, ist der Königsweg zur Erleuchtung Meditation und Rückzug.
Lt. Bibel ging Jesus für 40 Tage in die Wüste. Buddha selbst verbrachte sechs Jahre lang in Askese, bevor auch er sich dem „mittleren Weg“, der Meditation, zuwandte. Noch heute gehen viele Mönche in die Einsamkeit um dort zu meditieren. Warum ist das der Königsweg? Hier ist zunächst die Stille an sich zu nennen. In der absoluten Stille sind sämtliche Möglichkeiten potenziert. Sie ist der Keim, die „Ur-Zelle“ des Möglichen. Erst in und durch die Stille wird das Innenleben wach und lebendig. Stille ist die erste als positiv zu beschreibende „Deprivation“ … Meditation ist im Wesentlichen Konzentration, und Konzentration ist Sammlung. Im energetischen Sinn bedeutet jede Art von Konzentration Sammlung von Energie, die jetzt Elan Vital, Od, Reiki, Prana oder Vitalenergie usw. heißen mag …
Um es abzukürzen: Dass in diesem Umfeld, in der Stille und durch Konzentration, ein Erleuchtungserlebnis wahrscheinlicher ist, als im profanen Lebensalltag, ist anzunehmen. Demgegenüber stehen aber nach wie vor die ewig Suchenden, insbesondere im Westen, Menschen, die sich schon jahrelang auf diesem „Königsweg“ befinden und der Erleuchtung noch kein Stück näher gekommen sind. Daher ist der „Königsweg“ keine Garantie.
2. Der Fast-and-Furios-Weg
Demgegenüber soll nun gleich der „Fast-and-Furios-Weg“ zur Erleuchtung gestellt werden: Drogen. Hierin fallen alle Halluzinogene, vor allem Pilze, des weiteren Ayahuasca und LSD.
Diese beiden Wege, per „instant“ und per „Königsweg“, habe ich nicht umsonst gegenübergestellt, denn was hier diametral ist, ist nicht das Erleben, aber die Intention. Erlebt sich z. B. jemand auf einer Goaparty als „gesplittet“ und dennoch „mit allem eins“, so ist es im Erleben gleich oder ähnlich, wie wenn sich der in Stille sitzende Yogi mit „allem eins“ fühlt, jedoch ist die Bedeutung eine völlig andere. LSD kann immer wieder eingenommen werden, z. B. um sich wohl(er) zu fühlen oder um „Optics“ zu erleben, d. h. schöne Farben und Muster … Der Yogi allerdings verlässt dann entweder seine „Höhle“ oder „Raum und Zeit“ – buchstäblich, und wenn er bleibt, so wird er vielleicht ein Buch schreiben oder Schüler unterrichten um seine Erfahrung für die Welt zu konservieren … Um es deutlich zu machen: Der Partygänger will sich i. d. R „verlieren“. Der Yogi will sich „erlösen“.
Doch um es abermals ins richtige Verhältnis zu rücken, so mag auch die psychedelische, bzw. die LSD-Erfahrung transformierend wirken, was aus der Transpersonalen Psychologie (nach Stanislav Grof) bekannt ist. Auch der US-amerikanische Psychologe Timothy Leary (1920 – 1996) hat, um es doppeldeutig zu formulieren, hierzu seinen „Beitrag geleistet“.
Dass ein Erleuchtungserlebnis per se transformierend sein kann, ob „instant“ oder via „Königsweg“, sei hiermit festgehalten.
3. Krisen und Schicksalschläge
Ein weiterer Weg zur (spontanen) Erleuchtung sind Krisen. Das kann ein Autounfall sein, eine (schwere) Depression, Krankheit, Suizid-Wunsch, der Verlust eines geliebten Menschen … Das ist der „dunkle“ Weg zur Erleuchtung, den sich vermutlich niemand – wenn er es könnte – freiwillig aussucht. Auch die Nahtoderfahrung ist hier zu nennen, da sie dem klassischen Erleuchtungserlebnis – per Definition – nahe kommt.
So führt auch das Negative zur Erleuchtung, und ist daher nicht, wie eingangs erwähnt, jenes Defizitäre, das der Erleuchtung im Weg steht. Angst, Mangeldenken, Enttäuschung, Wut … Wer noch nicht eines dieser Gefühle je erlebt hat, ist m. E. nach kein Mensch. Dass insbesondere die Populäresoterik hierin „Blockaden“ sieht, die es zu beheben gilt, kann u. U. mit Weltflucht gleichgesetzt werden.
4. Unsere rechte Gehirnhälfte
Lose verlinkt hierzu ist ein weiterer, wenn auch bisher wenig dokumentierter Weg zur Erleuchtung, nämlich die Entwicklung und Förderung der rechten Gehirnhälfte. Es verbucht die linke, menschliche Gehirnhälfte alles Logische, Rationale und Verwertbare. Klares und (im Idealfall) vernünftiges Denken schafft Lebenskompetenz. Kognitive Prozesse, Rechnen, Denken, Lesen, Sprechen, Erkennen, Abstrahieren, Differenzieren bis hin zum wissenschaftlichen Arbeiten, all dies ist, als Evolutionsprodukt, u. a. menschliche Kultur und als solche zu würdigen.
Dennoch wird im klassischen Bildungswesen, vom Kindergarten bis zum Universitätsabschluss, primär die linke Gehirnhälfte ausgebildet.
Das Kreative, Irrationale, Bunte, das der rechten Gehirnhälfte zugeschrieben wird, wird in unserer Gesellschaft kaum gefördert.
Jill Bolte Talyor und die rechte Gehirnhälfte:
Jill Bolte Taylor, eine amerikanische Neurowissenschaftlerin, hatte in den neunziger Jahren einen Schlaganfall, der ihre linke Gehirnhälfte schwer beeinträchtigte.
Diesen Ausnahmezustand beschreibt sie als spirituelle Erfahrung, die ich hier auszugsweise wiedergeben möchte: Während dieses Schlaganfalls war ihr Sprachzentrum gelähmt, sämtliche Erinnerungen waren fort, und damit Angst, Frust, Enttäuschung. Ihr Zeitbegriff war fort. Ihr befreiter Geist glitt, lt. Taylor, wie ein Wahl durch einen See stiller Euphorie. Dennoch erinnerte sie sich an „das Problem“, nämlich dass sie gerade einen Schlaganfall erlitten hatte, und sie wusste, dass sie um Hilfe rufen musste. Aber dieses Problem ärgerte sie, denn sie empfand ihren gegenwärtigen Zustand als wunderbar. Trotzdem versuchte sie um Hilfe zu rufen, doch es kostete sie Mühe. Sie suchte nach der Visitenkarte eines Kollegen, doch die Schrift war verpixelt. Sie konnte die Schrift nicht lesen. Und sie überlegte, ob sie den Kollegen am Telefon überhaupt verstehen könne, oder ob er sich nur wie ein Golden Retriever anhören würde, der da „Wuff Wuff“ sagt, und sie selbst hatte ebenfalls Angst, dass anstatt Sprache nur „Wuff Wuff“ aus ihr herauskäme …
Eigentümlich für Jill Taylors Erlebnis ist die nichtsprachliche Widerspiegelung der Umwelt, eine ganzheitliche, synthetische Erfassung komplizierter Zusammenhänge auf überwiegend anschaulicher Ebene, was ganz und gar der Arbeitsweise der rechten Hemisphäre entspricht.
Jill Bolte Taylor beschreibt ihr Erlebnis sehr anschaulich und nachvollziehbar. Parallelen zu einem LSD-Erlebnis, wie zum Traumgeschehen, nämlich dass man sich schwer an sein Vorhaben erinnert, dass leichte Dinge, wie das Schnüren von Schuhen (im Traum), plötzlich sehr schwer sind (was ich selbst z. B. im Klartraum so erlebt habe) oder dass das Lesen im Traum von Schrift einer „Mission Impossible“ gleich kommt, fallen hier natürlich auf, womit auch die Aussage des amerikanischen Traumforsches David Bakan ein völlig neues Gewicht bekommt: „The right Brain is the Dreamer“. Das rechte Gehirn ist der Träumer. Anzudenken ist daher, dass auch unser Traumbewusstsein, allen voran das luzide Träumen, zu einem Erleuchtungserlebnis führen kann, respektive eine Basis dazu stellt.
Ich schließe daher diesen Absatz mit dem m. E. nach leider noch spärlich beschrittenen Weg zur Erleuchtung über die Entwicklung der rechten Gehirnhälfte.
- Jill Taylors lesenswerter Erlebnisbericht „Mit einem Schlag“ – zur rechten Gehirnhälfte
- Info: David Bakan
- Info: Jill Bolte Taylor
5. Energetik
Ein weiterer Weg zur Erleuchtung ist eng mit Meditation und spiritueller Praxis verbunden, kann aber auch völlig isoliert davon auftreten. Es ist der energetische Weg, den generell jeder einschlagen kann, doch gilt auch hier, dass es für eine Erleuchtungserfahrung keine Garantie gibt. Es gibt/gab viele energetische Heiler, die z. B. Prana oder Reiki übertragen. Bekannte Energieheiler waren z. B. Bruno Gröning oder Dr. Mikao Usui.
Dennoch kann ein Erleuchtungserlebnis auch über Energetik entstehen. Das ist/war auch mein Weg zur Erleuchtung, und ich durfte hier „Einblicke“ erhaschen, weswegen ich möglicherweise „fragmentarisch erleuchtet“ bin, doch bin ich sicherlich nicht voll und ganz erleuchtet und möchte mich auch nicht so bezeichnen.
Insbesondere ist hier (auch) das Kundalini-Erwachen zu nennen. Über dieses Phänomen berichtete ich ausführlichst in einer Artikelserie, die in der Kategorie Kundalini nachgelesen werden kann. Doch hier sei soviel ergänzt, dass Kundalini eine Energie ist, die i. d. R. am Steiß fühlbar wird, die Wirbelsäule, bzw. die Nervenbahnen in der Wirbelsäule, als Aufstiegskanal nutzt. Steigt Kundalini bis zum Kronenchakra auf, findet unter Umständen ein Erleuchtungserlebnis statt. Der Weg dorthin kann mitunter schmerzhaft und aufwühlend sein. Den still sitzenden Kundalini-Yoga-Meister gibt es, doch es gibt ihn in der Regel nur so, denn theoretisch könnte durch Kundalini auch während des Joggens ein Erleuchtungserlebnis entstehen, da diese Energie nicht unbedingt zum Stillsitzen einlädt. Kundalini sorgt für hochgradige Wachheit und Nervosität. Dass Kundalini paranormale Fähigkeiten mitbringen kann, ist bekannt. U. a. hat sich Dr. Lee Sannella, Psychiater u. Augenarzt, hinreichend damit befasst. Zu den paranormalen Fähigkeiten, den Kundalini- Siddhis, zählen:
Wissen von zukünftigen Ereignissen
Übersinnliche Wahrnehmung
Psychokinetische Erfahrung – Levitation
Erinnern an frühere Inkarnationen (bei sich selbst und bei anderen)
Wahrnehmen von feinstofflichen Phänomenen (Energiefelder, Aura …)
Spontane Heilkräfte
Fähigkeit, in das Bewusstsein anderer Menschen einzudringen
Verlassen des Körpers
Reisen in andere Lebensdimensionen/Welten
In Teilen habe ich das selbst so erlebt. Ja. Die Erleuchtung als solche ist eng daran gekoppelt, doch klassischerweise wird eine Kundalini-Erleuchtung noch einmal anders beschrieben, nämlich mit unfassbarer Ekstase, die mit „Amrita“ – dem flüssigen Licht/Unsterblichkeitstrank/Nektar – einhergehen kann. Breitet sich genügend Kundalini-Energie im Körper, vor allem im Kopf, aus, tropft dieses flüssige Licht durch das Gaumensegel in den Mund und wird tatsächlich „schmeckbar“.
6. Psychose als Weg?
Die Psychose ist gemeinhin als psychische Störung mit partiellem oder gänzlichem Realitätsverlust definiert. Ein Unterfeld der Psychose ist die psychotische Schizophrenie. Zu den Phänomenen der Schizophrenie gehören „Ich-Störungen“, „Sinnes-Täuschungen“, „motorische Unruhe“, akustische Halluzinationen, fremde Gedanken, die von außen kommen, Gedankeneingebung und Gedankenentzug …
Je nach persönlichem Leidensdruck ist die psychotische Schizophrenie mehr oder weniger unangenehm, doch das ist ein plötzliches Kundalini-Erwachen zumeist genauso, das sind Krisen, die ein Erleuchtungserlebnis auslösen ebenso und LSD wird tendenziell ohnehin als Auslöser der Psychose betrachtet, womit sich hier ein unglaublicher Abgrund offenbart, wenn man sich vor Augen hält, dass jemand, der im Osten als Erleuchteter gilt, im Westen möglicherweise Medikamente in der Psychiatrie nimmt.
Ich möchte nicht postulieren, dass ausnahmslos jeder, dem eine Psychose diagnostiziert wird, missverstanden und fehlbehandelt ist. Doch lt. Stanislav Grof, dem Begründer der Transpersonalen Psychologie, werden viele Menschen, die lediglich spirituell erwachen, fälschlicherweise in die Diagnose- und Therapieverfahren westlicher Medizin eingegliedert.
Persönliches Beispiel:
Ich erinnere mich, wie ein Psychotherapeut einen psychotischen Menschen fragte, wie alt er sei, und es kam die Antwort: „Ich bin 900 Jahre alt.“
„Oh, das ist eine lange Zeit“, antwortete der Therapeut und lachte.
In einem anderen Kontext wäre diese Antwort höchst spirituell.
Wann etwas Psychose ist und wann es sich um eine spirituelle Krise handelt, kann ich nicht abschließend klären. Ein Werk, das zwar eher für Fachpublikum geeignet ist, jedoch auch dem interessierten Leser Einblick geben kann, ist: Spiritualität und spirituelle Krisen: Handbuch zu Theorie, Forschung und Praxis.
Des weiteren untersuchte ich einen Fall, in dem möglicherweise beides, eine Psychose und ein Kundalini-Erwachen stattfand.
7. Der unspirituelle Lebensstil
Zuletzt zum nicht-spirituellen Lebensstil, dem unbewussten Menschen innerhalb Mayas, der falschen Identifikation (mit dem Ego, der Materie …), der materiellen Sinnenbefriedigung, dem maximalen Konsum, dem mitunter auch unbeschwert-heiteren (Lebens-)Dasein, das noch keine Schicksalsschläge erfahren haben mag …
Halten wir uns das Deftige vor Augen, das Derbe und das Zünftige, so müsste sich die „Erleuchtung“ als Allegorie wie eine sich fremdschämende Fee auf und davon machen. Doch das ist meiner Erfahrung nach nicht so. Es kann jemand, der nicht spirituell ist, der auch noch nie etwas von Erleuchtung gehört hat und sie mitnichten sucht oder anstrebt, ebenso eine Erleuchtungserfahrung haben.
Ohne nun wertend oder allzu klischeehaft zu sein, bitte ich, Nachfolgendes offen, bestenfalls mit einem Augenzwinkern zu lesen. Als Beispiel nehme ich jetzt einen Mann Mitte vierzig, dessen Frohnatur die Robustheit selbst ist. Er geht zur Arbeit, trinkt sein Bier, ist lieb zu Kindern und nimmt seine Frau gerne auf die Schippe, weil er sie so mag. Er raucht 15 bis 20 Zigaretten am Tag, isst die Wurstsemmel mit Genuss, mag Fußball und die Sportberichte in der Zeitung. (Anm.: Es ist dies ein Beispiel, um das ich aus Veranschaulichungszwecken nicht herumkomme. Falls sich jemand angesprochen fühlt, so ist jedermanns Lebensstil gültig und erlaubt, insofern anderen Menschen kein Leid zugefügt wird.)
Selbst dieser Mann kann eines Tages aufwachen und ein anderer sein. Ihm wird der Schweinsbraten nicht mehr schmecken und seine Frau betrachtet er plötzlich mit anderen Augen. Vieles tut ihm aufrichtig leid, und den „Schmäh“ seiner Freunde, mit denen er stets gefeiert hat, verträgt er nicht mehr. Er ist vielleicht zusätzlich lärm- u. lichtempfindlich und hat ein aus seinen Augen etwas „unmännliches“ Bedürfnis nach Zärtlichkeit, das er zunächst an an den Kindern und dem Hund auslebt, bevor auch seine Frau in den Genuss kommen wird … Möglicherweise hat sich seine ganze Persönlichkeit verändert. Fragt die Ehegattin dann, warum er plötzlich so anders ist, wird sie vermutlich nur Schweigen ernten, und er selbst wird sich daran zu erinnern versuchen, dass da in einer Nacht etwas geschehen ist, etwas sehr Wichtiges und Fundamentales, das er nur nicht beschreiben kann und an das er sich so schwer erinnert …
Auch so kann ein Erleuchtungserlebnis stattfinden, nämlich unbewusst und dunkel, doch es ist möglich.
Was hier zentral ist, ist nicht das Leben vor dem Erlebnis, sondern das danach. Dass jedes Erleuchtungserlebnis einen fundamentalen Sinneswandel herbeiführt, ist nicht zwingend gegeben, geschieht aber dann, wenn im tiefsten Inneren etwas berührt/umgestaltet wird.
Im nächsten Artikel berichte ich von der Erleuchtungserfahrung als Teil der Erlösung aus dem Kreislauf der Widergeburten. Weiter hier.
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- Weiter mit der Artikelserie „Was ist Kundalini?“
- Weiter mit Artikel „Jiddu Krishnamurti über Erleuchtung und Kundalini“
Links:
- Jill Taylors lesenswerter Erlebnisbericht „Mit einem Schlag“ – zur rechten Gehirnhälfte
- Dr. Lee Sannella, Kundalini u. die neuen Wissenschaften
- Info: David Bakan
- Info: Jill Bolte Taylor
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