Über das Wesen und Wirken der sog. Schlangen-Kraft wurde seit den 90er Jahren auch im Westen mehr und mehr berichtet, sodass Menschen mit einer aktiven Kundalini sich weder dem Unverständnis ihrer Mitmenschen aussetzen noch ihrer eigenen Unwissenheit ausgeliefert sein müssten. Leider gibt es insbesondere in der Öffentlichkeit nach wie vor ein Informationsdefizit, sodass viele, die mitten im Kundalini-Prozess sind, immer noch als psychotisch eingestuft und/oder mit Psychopharmaka behandelt werden. Die horrenden Fehldiagnosen hierzu reichen, je nach Konsultation, von dämonischer Besessenheit bis zu Schizophrenie. Es ist daher nicht nur wichtig, das Thema so darzustellen, dass sich der westliche Mensch in diesem Prozess erkennen kann, auf dass er weder einen „Exorzismus“ noch eine medikamentöse Behandlung anstrebt, sondern ebenso wichtig, auf die Risiken einer zufälligen Erweckung hinzuweisen. Kaum ein Meditations- und/oder spiritueller Lehrer ist m. E. befähigt, ein Erwachen der Schlangenkraft als das zu erkennen, was es ist. Insofern der Betroffene noch nie von Kundalini gehört hat, wird ihm der Lehrer das Wort auch nicht in den Mund legen, sodass der Erweckte grundsätzlich mit den Zeichen/Symptomen/Krisen alleine ist und in die Bahnen schulmedizinischer Diagnose- und Therapieverfahren gelenkt wird.
Was ist Kundalini – zum Problem der richtigen Information
Wer sich die Frage Was ist Kundalini? beantworten will, wird je nach konsultiertem Buch/Autor zu unterschiedlichen Antworten kommen.
Man kann die Literatur zum Thema grob unterteilen in fünf Kategorien:
Kategorie 1 beschäftigt sich mit der Erweckung der Schlangenkraft. Hier wird auf mögliche Gefahren und Risiken kaum bis gar nicht hingewiesen, bzw. wird die Gefahr oft spirituell relativiert, was sich – vereinfacht gesagt – auf folgenden Nenner bringen lässt: Der, der ein reines Herz hat, hat auch keine Aufstiegs-Krisen zu befürchten. Das stimmt so m. E. nicht.
Kategorie 2 versammelt all jene, die ich „Kundalini-Fans“ nenne. Sie selbst haben keine aktive Kundalini, stehen jedoch wie Zaungäste vor dem Phänomen und studieren hierzu vor allem Netz-Literatur. Das ist inhaltlich mal mehr, mal weniger ergiebig, zumeist jedoch ineffizient, wenn es gilt, Klarheit in das Thema zu bringen. Kundalini wird hier oft als Verlängerung in alles „Mögliche“ gezogen, in Begriffe wie Bewusstseinswandel, Lichtkörperprozess, Aufstieg, Schöpfung … Auch bringt man z. B. historisch bedeutsamen Persönlichkeiten, wie z. B. Goethe, mit Kundalini in Verbindung, andernfalls wären sie zu ihrem herausragenden Schaffen gar nicht fähig gewesen. Doch das ist meiner Meinung nach ein verquerer Rückschluss, der die Schlangenkraft auf ein Podest hebt, wo sie nicht hingehört. Ja, es kann mitunter sein, dass eine historische Persönlichkeit eine aktive Kundalini hatte, doch wäre diese stets und immer ursächlich, müsste so gut wie jeder Nobelpreisträger eine aktive Kundalini haben.
Die 3. Kategorie beschreibt das Phänomen eher wissenschaftlich-psychologisch, was als Aufklärung in Fachkreisen, wie z. B. Kundalini-Klienten richtig zu behandeln wären, sehr sinnvoll ist. Hier hat Dr. Lee Sannella, Psychiater und Augenarzt, Pionierarbeit geleistet. Auch Bonnie Greenwell hat einen wertvollen Beitrag geleistet.
Die 4. Kategorie beinhaltet die zahllosen Erfahrungsberichte, die man in Buchform geordnet und im Internet querbeet serviert bekommt. Abgesehen von den Büchern von Gopi Krishna, Kiu Eckstein, Irina Tweedie, Bonnie Greenwell usw. sind Internet-Erfahrungsberichte m. E. überwiegend irreführend, da hier zumeist ein Trugschluss den nächsten bedingt, insofern das Erlebte blindlings ausgedeutet wird, je nach Lebensstimmung/esoterischem Wissen/Beschwerdebild usw., oder sämtliche Phänomene in den Lichtkörperprozess hineinprojiziert und fehlinterpretiert werden.
Die 5. Kategorie nähert sich lyrisch-mystisch, siehe z. B. Kabir (1440 – 1518) und Jnasesvar (1275–1296), Dichter, Philosoph und Yogi der Nath-Tradition. Hier ist u. a. von der „Göttin des Universums“ die Rede, vom kosmischen Tanz, dies jedoch meist textlich verschlüsselt, Kundalini als „Zeugin am Tor der Schöpfung“ usw. … Ich spreche hier nun nicht unbedingt von den tantrischen Schriften, doch sind westliche Interpretationen der Sanskritschriften mehr als diffundierend, zumeist jedoch der indischen Mythologie/Kosmologie, bzw. der Shiva-Shakti-Philosophie, so sehr verpflichtet, dass der westliche Mensch hier kaum praktische Hilfe finden kann. Östliches Wissen muss i. d. R. an westliche Denkschemata adaptiert werden, was in sich oft einen Bedeutungsverlust birgt.
Den meisten Darstellungen gemein sind die sog. Aufstiegs-Krisen und ihre Linderung oder Überwindung. Hier scheitern meiner Meinung nach die meisten, bis auf Dr. Lee Sannella, der das Leiden vornehmlich durch Aufklärung und Ruhe zu lindern sucht, doch es gibt auch noch andere Gegenmaßnahmen, wie in Artikel 6 beschrieben.
Was die Symptome betrifft, so packen viele Berater, Heiler, Schamanen, Reiki-Meister usw. ihre Werkzeuge bei Kundalini-Erweckten häufig ohne Rücksicht auf Verluste aus, oftmals, ohne das Phänomen tatsächlich zu verstehen. Viele zitieren aus dem bekannten Fundus: Man kaut den esoterischen Kaugummi, gräbt die Chakrenlehre aus, gibt ein paar Globulis, betreibt Wirbelsäulenbegradigung oder lässt sich die Symptome wegtrommeln …
Der derzeitige Informationsstand ist also m. E. nach wie vor unzureichend. So habe ich schon seit langem das Bedürfnis, zu dem Thema einen eigenständigen, angemessenen und vor allem aufgeklärteren Beitrag zu leisten.
Was ist Kundalini – Begriff und Rezeption
Der Begriff Kundalini leitet sich vom Sanskrit-Wort „kundal“ ab, was „Windung“ bedeutet. Lt. indischer Mythologie ist Kundalini eine ätherische Kraft, die von Gott Shiva ausgeht, der oft mit Schlangen dargestellt wird. (Auf dem Bild trägt er eine Schlange um den Hals.)
Erstmals erwähnt wurde die Schlangenkraft in den tantrischen Schriften, vermutlich 9. Jh. n. Chr. Kundalini wird dort als Schlangenkraft begriffen, die am unteren Ende der Wirbelsäule ruht. Es heißt, diese Kraft ruhe in jedem Menschen und kann durch yogische Praktiken erweckt werden. Einmal erweckt, steigt die Schlangenkraft in der Wirbelsäule hoch und durchstößt sämtliche Chakren, wobei die Chakren gleichzeitig gereinigt werden. Erreicht Kundalini das Kronenchakra, ist der Mensch erleuchtet und mit zahlreichen paranormalen Fähigkeiten, den Siddhis, gesegnet.
Das ist die allgemein verbreitete Vorstellung des Ostens. Es werden zwar immer wieder Versuche unternommen, Kundalini z. B. bei den Mythen der Kelten und/oder Germanen ausfindig zu machen, wobei alle Schlangen- u. Drachengötter bemüht werden, sowie sogar versucht wird, Kundalini als System in den kabbalistischen Lebensbaum zu projizieren, doch halte ich diese Ortungsversuche für überinterpretiert.
So finden sich in der heutigen Rezeption „Kundalini“ und „Schlangenkraft“ als Termini, sowie die tradierten Bilder aus Indien.
Woher kommt Kundalini?
Die traditionelle Vorstellung geht davon aus, dass sie am unteren Ende der Wirbelsäule als Potential in jedem Menschen ruht. Meiner Erfahrung nach ist das nicht so. Ich denke, sie ist außen vor wie Reiki, Prana, Od etc. Wie die Lebenskraft umgibt m. E. auch Kundalini Pflanzen, Tiere und Menschen. Sie ist für mich kein Stück Holz im menschlichen Körper, das lediglich angezündet werden muss, um von da an immer zu brennen. Jedes Auto muss von außen betankt werden. Der Mensch ebenso. Kundalini ist m. E. demnach kein Potential, sondern erwacht, wenn eine gewisse Öffnung im Körper-Geist-Seele-System des Menschen geschieht. Von da an kann mehr Energie (von außen) in den Körper gelangen, was letztlich zu Kundalini (im Körper) wird.
Ergänzenderweise muss angemerkt werden, dass Itzhak Bentov (1923 – 1979) das Phänomen erforschte und seine Forschung darauf hinwies, dass diese Kraft in einem ausgeglichen, harmonischen Zustand innerer Oszillation zu erwachen beginnt, daher nicht von außen induziert, sondern über das Gehirn zur Erweckung gebracht wird. Wen diese Forschung interessiert, kann Näheres im Buch „Auf der Spur des wilden Pendels“ nachlesen.
Doch meine eigene Erfahrung, sowie die Zuschriften all jener, die ich bekommen habe, steht diesem Ansatz entgegen, sowie die Überlegung, wo Kundalini war, bevor es Menschen gab. Nach tantrischer Auffassung war sie schon vor dem Universum da. Geht man davon aus, dass die Kraft im Menschen ruht, muss man sich jedoch fragen, ob sie sich dann evolutionär mit der „Menschwerdung“ mitentwickelt hat, sozusagen als Potential immer da war, jedoch erst im „Homo Sapiens“ zur vollen Reife kam. Ich glaube das nicht. Ich bin der Meinung, sie war schon da, bevor es das erste Atom im Universum gab. Ebenso spricht das sogenannte Shaktipat dagegen, siehe Spiel des Bewusstseins von Swami Muktananda. Dabei wird von einem Guru Energie auf einen Schüler übertragen, somit die Schlangenkraft erweckt. Diese Energieübertragung – die ja wiederum von außen kommt – spricht meiner Meinung ebenfalls gegen die These, dass Kundalini zusammengerollt als Potential im Menschen ruht. Itzhak Bentovs Forschung ist mittlerweile etwas veraltet, kann jedoch nicht gänzlich widerlegt werden, sowie auch meine These, dass sie von außen kommt, trotz vieler Indizien, die dafür sprechen, nicht gänzlich belegt werden kann. Aus diesem Grund bleibt die Frage letztendlich offen.
Erster Aufstieg
Bei ihrem ersten Aufstieg greift Kundalini typischerweise nach dem sog. Pferdeschwanz, der Cauda Equina. Das ist ein Nervenbündel, das anatomisch Ähnlichkeit zu einem Pferdeschwanz hat und sich unter dem Steiß befindet. Beim ersten Aufstieg fühlt es sich an, als wäre direkt unter dem Steiß ein Ei, aus dem – um im Bild zu bleiben – irgendwann eine Schlange schlüpft, die die Wirbelsäule empor kriecht. Ich denke, so ist der Begriff „Schlangenkraft“ viel mehr als Bildnis zu verstehen, denn mythologisch-spirituell zu interpretieren, bzw. auf Fafnir, Leviathan, Mehen-Schlange etc. zu projizieren.
Kundalini benutzt also nicht nur die Meridiane, sondern auch die Nervenbahnen im Körper.
Klassischerweise ist die Energie in der Wirbelsäule fühlbar, jedoch zeigen westliche Erfahrungsberichte häufig ein anderes Bild, das dem traditionellen Erweckungsbild entgegen steht.
Weitere Artikel zum Thema:
Die bewusste Erweckung – ShaktipatDie spontane Erweckung
Aufstieg, Symptome u. Krisen
Mein Prozess
Dreizehn Punkte, um Aufstiegs-Krisen zu überwinden
Siddhis und Paranormale Kräfte
Kundalini ist real!
Kundalini-Erwachen im Westen
Erfahrungsberichte, Interviews, Wissenswertes, Aktuelles zum Thema Kundalini sowie Literaturempfehlungen findest du hier.
Hilfe und Beratung zu Kundalinikrisen und dem Kundalinisyndrom – klick hier.
Buchempfehlung zum Kundalini-Prozess:
Kundalini Erwachen: Hilfe für Menschen im Kundalini Prozess: Symptome deuten, Krisen überwinden: Inklusive Selbsttest: Ist es Kundalini – klick hier.
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Liebe Tanja,
deinen spirituellen Blog finde ich sehr interessant. Das was du schreibst, beschäftigte mich auch schon eine geraume Zeit. Ich habe viele spirituelle Bücher gelesen, aber dann kamen solche Gedanken, die du hier genau aufgeschlüsselt hast auf und ich habe gedacht, so kannst du doch nicht denken? Da bist du wohl nicht mehr spirituell ?
Aber genau das hast du hier sehr schön beschrieben, in einer erfrischenden Schreibweise, wo man gern weiterliest. Und nicht wieder aufhört. Ja so erging es mir.
Sehr interessant fand ich auch die Artikel über die Kundalini. Ich habe mich in vielen Punkten wiedergefunden. Ich habe auch einen enormen Druck vom Steißbein aufwärts in der Wirbelsäule. Ich spüre es ungefähr bis zum Lendenwirbelbereich. Es ist nicht beständig, aber meistens wenn ich ins Bett gehe, oder intensiv gebetet oder meditiert habe. Dann kann es auch sein, dass meine Chakren in der Hand oder unterm Fuß schmerzhaft reagieren. Manchmal gribbelt auch der ganze Körper. Einmal bin ich Nachts aufgewacht und meine Hände lagen beide um den Hals. Dabei spürte ich, wie sich mein Hals ausdehnte. Ich dachte im Halbschlaf noch so,“ Ach dass ist ja wie beim Atmen der Brustkorb. Wusste gar nicht, dass man das auch am Hals merkt.“ Dann habe ich die Luft angehalten und der Hals dehnte sich trotzdem aus. Plötzlich kam von unten ein Strom nach oben in den Kopf und ich hörte innerlich ein leichtes Brummen. Ich war so erschrocken, dass ich nur noch dachte, mein Gott , so was kann ich jetzt nicht gebrauchen. Wir machen eine Radtour, da muss ich fit sein. Schließlich haben wir noch eine beachtliche Strecke mit dem Fahrrad vor uns. Tja und dann ging der Strom wieder nach unten.
Die ersten Empfindungen hatte ich so ungefähr vor einem Jahr und ich weiß nicht , ist es die Kundalini oder was Anderes. Du beschreibst ja, dass es nach dem Aufteten der 1. Symptome in der nächsten Zeit losgeht.
Eigentlich bin ich hin- und hergerissen. Wenn es wirklich die Kundalini ist, sollte ich mich geehrt fühlen und sie annehmen? Aber dann habe ich doch ganz schönen Respekt vor den Schmerzen und dem Transformationsprozeß.
Ist bei mir Kundalini erwacht?
Liebe Katrin,
herzlichen Dank für deinen Kommentar! 🙂
Für mich klingt alles, was du berichtest, nach einem Kundalini-Erwachen, bzw. scheint sie bei dir schon erwacht, und du bist nun eben im Prozess.
Das Brummen wiederum könnte ein anderes Zeichen sein, vor allem, wenn du es tief in dir hörst … Ist meist ein Signal für auftretende Vibrationen, die eine außerkörperliche Erfahrung einleiten.
Und: Kundalini-Prozesse können sehr unangenehm sein, aber das MÜSSEN sie nicht! Solange du keine gravierenden Schmerzen und Schlafprobleme hast, ist bei dir alles noch ganz „gesittet“. 🙂
Aus rechtlichen Gründen muss ich jedoch immer darauf hinweisen, dass gröbere Symptome schulmedizinisch abgeklärt werden müssen.
Ganz liebe Grüße,
Tanja