Wozu Ethik?
Häufig werde ich gefragt, wie man Astralreisen schnell lernen kann, ob es nicht einen Königsweg zur schnellen Erweckung der Kundalini gäbe, ob regelmäßiges Meditieren wirklich zur Erleuchtung führt … Ferner werde ich beinahe täglich mit sensationellen Berichten „geflutet“, was z. B. beim Astralreisen erlebt wurde, wie sich Samadhi (Überbewusstsein) anfühlt, wie toll Bewusstseinserweiterung durch LSD sei usw. All diese Erfahrungen sind außergewöhnlich und ich gönne sie jedem.
Doch wichtiger als sensationelle Erlebnisse, als Bewusstseinserweiterung, als Kundalini-Erweckung, Astralreisen und „Instant-Erleuchtungserlebnisse“ ist es m. E. Ethik wahrhaftig zu verstehen und Ethik zu leben. Dies betone ich immer wieder, denn es ist, wie ich zeigen werde, die Basis von allem, daher die Grundlage einer authentischen Spiritualität.
Ethik im Alltag
Ich behaupte: Menschen, die sich z. B. nicht oder kaum mit Meditation, Astralreisen, Kundalini-Erweckung, Energiearbeit und/oder Bewusstseinserweiterung beschäftigen, dafür aber ethisch leben, sind auf ihre Weise spiritueller, als die anderen. Dies deshalb, weil durch wahres ethisches Handeln das Karma positiv beeinflusst wird, und zwar das eigene sowie das aller anderen Lebewesen auf diesem Planeten. Aus diesem Grund wird der Ausstieg aus dem Kreislauf der Wiedergeburten beschleunigt. Ein wahrhaft ethischer Mensch hat z. B. ein stark entwickeltes Gefühl für Gerechtigkeit, für Fairness, ist mitunter höchst empathisch, freundlich, anständig, integer …
Seine Ethik durchdringt sein ganzes Leben, er benutzt ökologische Reinigungsmittel, lebt vegetarisch, vielleicht hat er eine Tier- oder Kinderpatenschaft, vielleicht adoptiert er Tiere oder Kinder, ganz gewiss hat er einen integren Umgang mit Menschen, er übervorteilt niemanden, er benutzt niemanden, er betrügt nicht, lügt nicht und äußert sich wenn, dann stets differenziert und angemessen, egal zu welchem Sachverhalt, egal in welcher Situation …
Das sind wertvolle Menschen. Das sind Menschen, die vielleicht nie in Samadhi (in das Überbewusstsein) gelangen, die vielleicht nie LSD genommen haben, die vielleicht nie eine Astralreise unternommen haben und die nie Yoga oder Meditation praktiziert haben, doch das sind die Menschen, die alleine durch ihr Sein und Tun die Welt zum Besseren wenden (werden). Natürlich schließen sich ethisches Handeln und Meditation/Yoga/Bewusstseinserweiterung nicht aus, dies sei der Vollständigkeit halber erwähnt, doch verfasse ich diesen Artikel dahingehend, dass egal, womit jemand aus dem Angebot der Spiritualität liebäugelt, sei es Reiki, Pranaheilung, Astralreisen, Yoga usw., er sich selbst und allen Lebewesen auf der Erde zum größten Gewinn werden wird, wenn er erkennt, dass ohne eine fundamental begriffene und gelebte Ethik alle anderen Bemühungen zwecklos sind.
Der Buchtitel eines 2015 erschienen Buches des Dalai Lamas heißt: „Ethik ist wichtiger als Religion.“
Dieser Aussage schließe ich mich an.
Integrität und individuelle Ethik
Die meisten Menschen fühlen, dass „Was du nicht willst, was dir man tu‘, das füg‘ auch keinem anderen zu“ die Gültigkeit eines Axioms hat. Ein Axiom bezeichnet innerhalb der Physik einen Grundsatz, der innerhalb des Systems nicht begründet werden muss. Ein weiterer ethischer Lehrsatz besagt: „Verletze niemanden, weder in Gedanken, Worten oder Taten.“ Und dennoch vergeht kaum ein Tag, an dem Menschen nicht unethisch handeln, und sei es auch nur gedanklich, weil im Straßenverkehr dieser oder jener, dem man gedanklich ein populäres Schimpfwort an den Kopf wirft, sich so und so verhält … Auch das ist unethisch.
Das bezeichnende Jesus-Zitat (Matthäus 15,1-20) weist in dieselbe Richtung:
„Was zum Mund hineingeht, das macht den Menschen nicht unrein; sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein.“
Gemeint ist damit nicht Nahrung, sondern das gesprochene Wort. Was ein Mensch mit negativer Absicht aussendet, sei es gedanklich oder wörtlich, verunreinigt ihn letztlich selbst – bildet Samskara und Karma.
Karma und Ausgleich
An welche Ethik soll man sich halten? Wie streng wirkt das karmische Gesetz bei Verfehlungen? Meiner Erfahrung und meinem Wissen nach handelt das karmische Gesetz konsequent: Es übersieht keinen negativen Gedanken, selbst jene, die wir als „gewöhnliche menschliche Gewohnheiten“ im Alltag betrachten. Nur weil eine Gewohnheit bisher nie hinterfragt wurde oder „weil alle es tun“, setzt das Karma-Gesetz keine mildernden Umstände an – es berührt genau jene Menschen, die einfach tun, was alle tun.
Das Karma-Gesetz ist also weniger streng, als höchst akkurat und sorgfältig. Die gute Nachricht: Ebenso akkurat und sorgfältig wirkt es auch, wenn positive Modi angestrebt werden. Das heißt, wer sich bewusst um verbale, tätige und gedankliche Reinheit/Redlichkeit bemüht, um Freundlichkeit, um liebevolles Verhalten usw., wird die Segnungen davon ebenfalls ernten. Dies kann im selben Leben, im Jenseits oder im nächsten Leben geschehen.
Christliche Ethik
Reichen die 10 Gebote aus? Wer zum Dekalog der 10 Gebote eine Affinität hat und sich nicht am biblisch-religiösen Kontext stört, kann natürlich jeden Tag damit üben. Es empfiehlt sich, Tagebuch zu führen und jeden Abend nachzusinnen und zu notieren, ob man nicht eines der 10 Gebote im eigenen Sinn „gebogen“, „missachtet“ oder vollständig gebrochen hat. Eine „Beugung“ z. B. wäre, wer ein Wurstbrot isst, denn es heißt „Du sollst nicht töten.“ Das Tier, das für die „Wurst“ gestorben ist, wird nicht eigenhändig getötet. Aber für die Wurst hat man „töten lassen“. Darum geht es. Ein „Bruch“ wäre z. B. wer die Leistungen eines Arbeitskollegen vor dem Chef bewusst oder unbewusst kleinredet, damit er selber in einem besseren Licht steht, denn es heißt „Du sollst nicht lügen.“
Wer sich einen Monat lang ehrlich damit auseinandersetzt, wann, wie und in welchem Maß er eines der zehn Gebote gebrochen oder gebeugt hat, entwickelt rasch ein intensives Empfinden für Ethik und echtes ethisches Handeln. Dabei wächst nicht nur das eigene Bewusstsein, sondern auch die Fähigkeit, andere Menschen tiefer zu sehen und wirklich zu verstehen. Ein Mensch, der Ethik verkörpert, verändert sein Umfeld spürbar: Er wirkt anziehend, findet leichter Freunde und erfährt Wertschätzung.
Die zehn Gebote
Die 10 Gebote, falls nicht bekannt, kann jeder mittels Netz-Recherche eruieren. Sinnvoll jedoch sind Erläuterungen zu den 10 Geboten. Vor allem Sätze wie „Du sollst nicht begehren deines nächsten Weib“ oder „Du sollst den Feiertag heiligen“ bedürfen aufgrund ihres Sprachstils und der Eigen-Interpretationsweise einer Erläuterung. Aus diesem Grund verweise ich auf den deutschen Benediktinerpater Anselm Grün, der dazu ein Buch mit dem Titel Die 10 Gebote, Wegweiser in die Freiheit verfasst hat.
„Die Zehn Gebote bewahren unsere Liebe vor Missbrauch und Misstrauen. Sie schaffen einen Rahmen, in dem das menschliche Leben gedeihen und ein humanes Miteinander gelingen kann.“
Anselm Grün zeigt, wie die Zehn Gebote als Wegweiser in die Freiheit dienen. Diese Grundpfeiler der christlichen Ethik können mehr als verbieten und vorschreiben: Sie geben uns Sicherheit und Orientierung in einer Welt voller Möglichkeiten und Meinungen.
Eine Ausdehnung im ethischen Sinn erfahren die 10 Gebote durch die 7 Todsünden. Man kann die 7 Todsünden dazunehmen, wenngleich auch diese einer Deutung bedürfen und hier der Vollständigkeit halber nur erwähnt sind.
Ethik in der Philosophie – der Kategorische Imperativ
Wer einen philosophisch-intellektuellen Zugang bevorzugt, kann sich mit dem Kategorischem Imperativ des Philosophen Immanuel Kant (1724 – 1804) beschäftigen. Dieser besagt:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Das heißt, dass jedes Handeln „synonym“ für ein Gesetz stehen soll, das der gesamten Gesellschaft im positiven Sinne dient. Vereinfacht: Wer vor einer Gruppe von Menschen z. B. raucht und trinkt, „erteilt“ das Gesetz des Rauchens und Trinkens für alle. Da sich dies auf die Gesamtgesellschaft grundsätzlich negativ auswirken würde, kann es demnach nicht sinnvoll sein. Vor dem Handeln steht also die Überlegung:
„Wenn dieses Tun für alle ein gültiges Gesetz wäre, ist es dann gut und richtig?“
Ist die Antwort Nein, handelt es sich um unethisches Verhalten.
Yogische Ethik
Ich persönlich halte mich an die Yogische Ethik der Yamas und Niyamas. – Zumindest versuche ich es. Yama ist ein Sanskritwort und bedeutet: Enthaltung, Selbstkontrolle. Die 5 Yamas stellen als Verhaltenskodex die erste Stufe im Raja Yoga nach Patanjali dar. Niyama ist ebenfalls ein Sanskritwort und bedeutet: Verhaltensregel, Einschränkung. Die 5 Niyamas stellen die zweite Stufe im Raja Yoga dar.
Erste Stufe: Die 5 Yamas
- Ahimsa – Gewaltlosigkeit
- Satya – Wahrhaftigkeit
- Asteya – nichts nehmen, was einem nicht gehört
- Brahmacharya – Streben nach höchster Weisheit
- Aparigraha – Nichts und niemanden ausnutzen
Zweite Stufe: Die 5 Niyamas
- Sauca – innerliche und äußerliche Reinheit
- Samtosa – Bescheidenheit/Zufriedenheit
- Tapas – Gesunderhaltung des Körpers
- Svadhyaya – Selbsterforschung/Reflexion
- Ishvarapranidhana – Gottvertrauen
Da auch die Yamas und Niyamas einer Deutung bedürfen, empfehle ich das Buch von Alexander Kobs:
Die zehn Lebensempfehlungen des Yoga – Bewusst leben mit den Yamas und Niyamas.
Das tiefe Wissen der Yoga-Philosophie
Yoga bedeutet mehr als Dehnen, Strecken, Beugen, Atmen und Entspannen. Sein wahres Potenzial offenbart sich , wenn wir die Praxis in den Alltag hineintragen. Die Beschäftigung mit der dahinterliegenden Philosophie weitet das Bewusstsein. Die zehn yogischen Lebensrichtlinien des Patanjali bilden dabei ein tragendes Fundament. Sie schenken Orientierung, eröffnen Sinn und ermöglichen ein achtsames, harmonisches Miteinander.
Lebenshilfe und Beratung
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