Was ist ein klassischer Lichtarbeiter? Die Vorstellungen hierüber mögen divergieren. Verbinden die einen spirituell hochstehende Menschen damit, denken andere primär an Kartenleger oder Engelbotschafter, die ihre Produkte z. B. auf einem Esoterikkanal vertreiben.
Ich persönlich empfinde den klassischen Lichtarbeiter als eher dubios. Der Begriff beschreibt im neutralsten Sinne zwar lediglich eine Person, die ihr Licht mitunter missionarisch nach außen trägt, aber sowie oberflächliche Ideen aus der Populäresoterik mit Herzensliebe und/oder kommerzieller Absicht in Bücher, Seminare und Produkte gepackt werden, wird die Lichtarbeit schon „trüb“, demnach reduktiv, verflachend und zweifelhaft.
Auch der sehr liebevolle, herzensgute Lichtarbeiter/Lichtkrieger ist meiner Erfahrung nach eher ein (lieber) Verdrängungskünstler als jemand, der eine tief empfundene, wahre Botschaft zu transportieren hat. Vor allem der liebevolle Lichtarbeiter versteckt sich gerne unter der Licht-und-Liebe-Architektur, ist er doch häufig selbst im Mangel, leidet unter Depression, Aggression, Traurigkeit, (Lebens-)Inkompetenz, ja auch unter Eifersucht und Wut – und all dies wird mit der Licht-und-Liebe-Ideologie kompensiert.
Kritik an der Lichtarbeit
Konfrontation mit der Dunkelheit
„Ohne Schmerz gibt es keine Bewusstwerdung. Menschen tun alles, egal wie absurd, um ihrer eigenen Seele nicht zu begegnen. Man wird nicht erleuchtet, in dem man sich Figuren aus Licht vorstellt, sondern indem man sich die Dunkelheit bewusst macht.“ C. G. Jung
Gemäß des Zitates von Carl Gustav Jung (1875 – 1961), des bekannten schweizer Psychiaters, gibt es ohne Schmerz und Dunkelheit keine Bewusstwerdung. Wer demnach nach ständiger Harmonie strebt, nach Licht und Liebe, wer u. U. liebessüchtig ist und sich, wann auch immer etwas im Außen Disharmonie schafft, reflexartig in die Wohlfühlesoterik zurückzieht, kann anderen Menschen zwar immer noch Produkte verkaufen, wird aber i. d. R. niemanden in die Bewusstheit oder zur Erleuchtung führen.
Licht und Liebe als Leerlaufhandlung
Wahrnehmungsverzerrungen, Relativierungen im Sinne der Verdrängungsmodalität tauchen beim infantilen Lichtarbeiter häufig wie folgt auf:
- Am aktuellen Scheitern in einem bestimmten Bereich ist Mars/Saturn oder eine bestimmte Sternenkonstellation schuld.
- Am aktuellen Scheitern einer Beziehung sind z. B. psychotronische Waffen oder HAARP schuld.
- Die Kopfschmerzen und der Schwindel sind dem Lichtkörperprozess geschuldet, nicht aber der umgehenden Grippe.
- Emotionaler Schmerz wird mit Flüchen oder schwarzer Magie begründet.
- Alles ist mit Licht und Liebe heilbar.
Lichtarbeiter vs. Dunkelheit
Menschen, die nicht die Kraft aufbringen, die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, sind meiner Einschätzung nach keine reifen Persönlichkeiten. Auch sollte meiner Meinung nach niemand von Licht und Liebe sprechen, der die Dunkelheit nie gesehen/erlebt hat, der sich nie mit ihr konfrontiert hat. Es braucht Mut, sich mit den aufwühlenden Wahrheiten des menschlichen Daseins auseinanderzusetzen. Reife Persönlichkeiten, weise spirituelle Lehrer tünchen nicht alles weiß, sondern lehren, auch das anzusehen, was (noch) im Dunkeln liegt, jene Themen, mit welchen man z. B. im Widerstand ist.
Manche Lichtarbeiter kommen in Bedrängnis, wenn jemand die Realität in ihren „Elfenbeinturm“ hineinträgt, wenn jemand mit Tiefe und Stärke das rosarote Seinsgefühl mit Wahrhaftigkeit und Echtheit tangiert. Geht es einerseits darum, eine etwaige Verkaufsminderung zu verhindern, so fühlen sich eher infantile Naturen, die „Kindmenschen“, in ihrer schein-harmonischen Welt bedroht. Viele Lichtarbeiter sind daher rasch beleidigt, trotzig, kindlich und umgeben sich eben darum nur mit Positivität.
Wahrhaftige Spiritualität, wahres Licht
Echte Spiritualität hat nichts mit Bienchen- und Blümchen-Esoterik zu tun. Es geht (immer auch) darum, der eigenen Dunkelheit und dem Dunkel in der Welt zu begegnen. Es geht (immer auch) darum, das eigene Licht in der Dunkelheit scheinen zu lassen, und dazu braucht es Stärke, Mut und Wahrhaftigkeit.
Wer daher der Licht-und-Liebe-Mentalität im oberflächlichen Sinn anhängt, mag u. U. blumig-poetische Konversationen führen, philosophiert im sicheren Rahmen über Gott und die Welt, klammert aber alles Negative im Denken/Betrachten systematisch aus … Im digitalen Kontakt „prollt“ der Licht-und-Liebe-Mensch ev. mit Herzchen herum, verschenkt Likes und Smileys, um Likes und Smileys zurück zu bekommen …
Doch Menschen dieser Couleur haben im Grunde kein Licht, sondern lediglich eine Affinität zur Licht-und-Liebe-Mentalität.
Wer wirklich Licht in sich trägt, versteht (auch) die Dunkelheit und kann mit den Weltgegebenheiten insofern umgehen, da er hin- und nicht wegsieht. Er transformiert die Dunkelheit, anstatt vor ihr zu fliehen. Dazu braucht es keine Populäresoterik, kein New-Age und keine Goa-Festivals, sowie es keine esoterischen Accessoires braucht. Wer wirklich zum Licht gelangen will, muss durch die Dunkelheit gehen und sein Leben auf der Erde meistern. Das braucht Kraft und Rückgrat, nicht jedoch Attitüde und Fragmentierung.
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