Über Engel und Erzengel wurde in den letzten Jahren so viel geschrieben, dass die Buchhandlungen ganze Regale dazu füllen. Engel werden darin als freundliche, selbstlose Helfer beschrieben, die jederzeit auf unsere Bitten reagieren. Insbesondere Frauen lieben diese Bücher und können sich ein Leben ohne Mitwirken der Engel nicht mehr vorstellen. Dabei hilft Erzengel Michael bei der Parkplatzsuche, behebt sogar technische Defekte und Erzengel Chamuel hilft den Partner fürs Leben zu finden. Interessanterweise sind auch die Verfasser der Bücher überwiegend weiblich, wie z. B. Lorna Byrne, Doreen Virtue, Diana Cooper … Engel und Frauen scheinen einfach so sehr zusammen zu gehören, wie Pferde und Mädchen. Ich habe selber einige dieser Bücher, weil auch ich vor vielen Jahren, lange bevor ich mich intensiver mit Spiritualität befasste, einmal durchaus Gefallen daran fand. Wunderschöne, gewaltige Erzengel – Raphael, Michael, Uriel, Gabriel – kommen als großartige Beschützer, Heiler, Berater auf uns zu, hüllen uns ein in ihr Licht, schenken Liebe, Trost und Inspiration … Ja. Das hat schon was. Dieser Ideenkosmos mit seinen Idealen und seiner Schönheit sprach auch mich einmal an. Keine Frage.
Allerdings erfuhr ich später, wie trügerisch diese Vorstellungen sein können. So wandelte sich mein Engelverständnis rapide, da meine persönliche Erfahrung mit Erzengeln dem kolportierten Bild nur peripher entsprach. Keiner hat je ein bestimmtes Problem aus meinem ganz persönlichen Vorrat gelöst, ebensowenig wurden mir Herzenswünsche erfüllt, weswegen die „Wünsch-dir-was-Esoterik“ einmal mehr zur infantilen Spiritualität gezählt werden muss.
Als im Jahr 2012 Kundalini bei mir erwachte, beschäftigte ich mich kurz zuvor mit der Magie des Dr. John Dee. John Dee war der Hofastronom von Elisabeth I., 16. Jh. Er war ein sehr gebildeter Mann, Mathematiker, Geograph, Mystiker, der leider sehr verarmt starb. Dr. John Dee hat wunderbare Systeme geschaffen, die Engelsprache übersetzt und vieles „Wundersames“ mehr … Ebenso versuchte er Kontakt zu Erzengel Uriel herzustellen. Dabei schuf er eine magische Tafel mit verschiedenen Buchstaben, engagierte ein Medium (Edward Kelly) und erhielt Botschaften von Erzengel Uriel, die ihm Wort für Wort rückwärts diktiert worden sind.
Auch ich versuchte im Jahr 2012 Kontakt zu Erzengel Uriel herzustellen, jedoch auf einem völlig anderen Weg und gänzlich ohne Hilfsmittel. Diese Bemühung trug insofern Früchte, weil durch diesen Kontakt das Kundalini-Erwachen begann.
Erzengel Uriel war mir von allen beschriebenen Engeln stets am nächsten, von seiner „Idee“ her und der Symbolik. Uriel soll rubinrot und/oder bernsteinfarben sein, seine Symbole sind Schwert und Flamme, er ist sehr weise, seine Energie ist als „erdnah“ beschrieben … Gleich Cherub und Seraph ist er das „Feuer Gottes“, durchaus strafend und etwas zwielichtig. Er führt den Vorsitz über die Hölle und wird am Tag des jüngsten Gerichts ergrimmt die Pforten zur Hölle öffnen …
Ja, nicht so ohne, dieser Engel. Und immer fühlte ich mich diesem sehr nah.
Das nächste, was ich hier in den Raum stelle, ist, dass genau das die perfekte Basis ist, um einen gelungenen Kontakt herzustellen: aufrichtige Bewunderung, Faszination und der unbedingte Wille, mit dieser Wesenheit in Kontakt zu kommen. Später habe ich auch unkonventionellere Praktiken angewandt, die John Dee aufgrund seiner Frömmigkeit weder andenken noch ausführen konnte, die nun jedoch alles andere als „sexualmagisch“ waren, denn Magie, auch wenn sie weiß ist, trägt immer ein bestimmtes manipulatives Potential – eine Absicht. Ich dagegen war völlig ohne Absicht, da zu dem Zeitpunkt unbedarft, und doch im Spiel mit unendlich starken Kräften … So passierte mir „Kundalini“ an einem trägen Sonntagnachmittag im August, während draußen – Klischee, aber wahr – ein heftiges Unwetter tobte, das später einen gigantisch schönen Regenbogen am elektrisch geladenen, blaugrauen Himmel zufolge hatte. Und es passierte über den Kontakt zu Erzengel Uriel, siehe Mein Kundalini-Prozess.
Doch zurück zu den Erzengeln. Meine Erfahrung später mit Erzengel Michael, Raphael, Gabriel und Uriel usw. war, dass sie kommen, wenn man sie ruft. Absolut. Dann sind sie nahe und machen vielleicht Druck am Hinterkopf, an den Schläfen oder sonst wo, auch aktivieren sie mal den berühmt-berüchtigten hohen Pfeifton im Ohr oder „fummeln“ sonst wie an einem energetisch herum, jedoch sind sie völlig untauglich, wenn es gilt, konkrete Probleme auf eine praktische und rasche Art zu lösen. Nach utilitaristischen Maßstäben – wertlos.
Achtzugeben ist, ob derjenige, den man meint, gerufen zu haben, auch eben dieser ist. Ich kann bis heute nicht dezidiert sagen, ob all jene, die ich kontaktierte, auch stets diese waren. Indizien, dass es nicht immer nur Selbstlosigkeit war, wenn der Kontakt zu einem Wesen gelang, gab es einige. Unter anderem erlebte ich seltsame Rückkoppelungen, wenn ich Gedanken/Ideen an ein Wesen aussandte, dies auch bei Erzengel Uriel. Je mehr ich gab, umso mehr kam zurück, jedoch dies auch, wenn ich mich innerlich verrenkte und beispielsweise devoter und förmlicher sprach, als es in meiner Natur liegt. Dies wunderte mich, entsprach es doch nicht der Populär-Literatur oben genannter Autorinnen. Sowie ich mich klein machte, wurde ich „belohnt“? Warum?
Aus diesem Grund kristallisierte sich über Engel bald jenes Bild heraus, das auch Ruth Huber, eine schweizer Autorin, in „Bewusstsein gewinnt, wer sich erinnert“ beschreibt. Ihrer Meinung nach gibt es, den sieben Chakren entsprechend, auch sieben astrale Sphären. Dem Solarplexus-Chakra ordnet sie die Sphären der Götter und Engel zu. Es geht hier um Herrlichkeit, Macht, Anbetung und Größe. So sieht sie Engel in dieser Sphäre als durchaus herrliche, glänzende Wesen, mit wunderschönen Attributen, glänzenden Waffen, doch alles, was in dieser Sphäre zählt, ist die Festigung der Macht. Und wo einer herrscht, müssen andere dienen. Es geht – gemäß Solarplexuschakra – um Ego, Wille, Selbstausdruck und Energieverteilung. Das Solarplexuschakra ist mit der Sonne assoziiert. Denkt man an Ludwig den XIV., den Sonnenkönig und seiner absolutistischen Staatsform sowie an seine Staffage, ist man vermutlich auf der richtigen Spur …
So kann ich dieses Bild, neben allen Engeldarstellungen, unter anderem als wahr erachten. Aus dieser Sichtweise heraus stimmt es, denn ich erlebte es am eigenen „energetischen Leib“, dass Engel Aufmerksamkeit, Ansprache, Anbetung lieben, wobei hier nur eine Regel gilt: Je mehr, umso besser. Auch die zeitgenössischen Autorinnen bestätigen dies „unbewusst“, wenn sie es immer und immer wieder postulieren: 1. Kein Engel greift in den Willen des Menschen ein. 2. Sie müssen immer und immer wieder gebeten werden. Warum das so ist, wird nicht faktisch gesetzt: Es ist eben so.
Betrachtet man daneben die Konfessionen im Christentum, sowie die Religionen Judentum und Islam, so sind Engel biblisch-religiöse „Kreationen“, als solche direkte „Abkömmlinge“ von Gott, die bis auf Metatron (Henoch) niemals menschlich waren. Da aber vor allem Religionen das Sicht- und Erfahrungsfeld umso mehr einengen, je stärker der Glaube ist, sind auch Engel – konsequent gedacht – nur eine eingeengte Wirklichkeit, ein schmaler Streif inmitten eines endlos bunten Teppichs im astralen Gefüge.
Glaubt man William Buhlmann, Autor von „Expeditionen ins Jenseits“, so bilden Religionen eine konsensbasierte Wirklichkeit in der astralen Welt, innerhalb derer sich die Lehre wieder und wieder bestätigt, sodass es ratsam ist, größer zu denken. Als ich die Jenseitsberichte von Beatrice Brunner las, „Was uns erwartet, 12 Jenseitsberichte“, hatte ich Tränen in den Augen, und doch ist auch sie vollends im religiösen Kontext, sodass man sich durchaus fragen muss: Und wie gestaltet sich das Leben danach für einen Hindu? In ihren Schilderungen hätte ein solcher keinen Platz. Innerhalb dieser astralen Ausbuchtungen, den großen Weltreligionen und Mythen, gibt es gewiss Engel, wie beschrieben. Sowie es Odin, Apoll, Anubis, Mars, Enki und Tiamat geben muss.
Zu wem man daher betet, bzw. zu wem die Menschen seit Anbeginn beteten, wem sie huldigten und Opfer brachten, ist natürlich nicht egal, doch dahingehend immer gleich, da es über die Solarplexus-Region nicht hinauskommt. Das mag nicht so leicht zu verstehen und noch weniger zu akzeptieren sein, und hätte ich die Empirie mit Engeln nicht, hätte auch ich Schwierigkeiten, Ruth Hubers Modell zu akzeptieren.
In Wahrheit erhebt uns diese Einsicht aber, denn wenn wir aufhören, zu jemanden zu beten, im Sinne von „Anbetung“, werden wir selbstverantwortlicher, reifer und vor allem im Denken frei. Die Zeit der Menschenopfer haben wir „Gott sei Dank“ hinter uns. Wir können uns heute nicht mehr vorstellen, dass ein Gott unsere erstgeborenen Kinder will. Was wäre es für ein Gott? Ein germanischer. 😉 Doch auch Abraham hätte Isaak opfern sollen, was im Judentum jedoch als Glaubensprüfung verstanden wird …
Es gab also innerhalb der Glaubensrichtungen immer wieder Entwicklung, und ich denke, sowie wir einst frei sein werden, im Sinne Teilhard de Chardins, dessen Zukunftsvision vom Einheitsgeist der Noosphäre spricht, werden wir auch die Solarplexus-Sphäre der astralen Welt aufgelöst haben. Was ist ein Gott, an den keiner mehr glaubt? Was ist Ludwig der XIV. ohne Staat?
Wille, Macht, Ego. Da stehen die Götter. Und auf der Erde stehen wir.
Natürlich ist das nur ein „Denkfeld“ von vielen anderen. Wer christliche Nächstenliebe lebt, Jesus zum Freund hat und im Herzchakra Zuhause ist, kann das christliche Nächstenliebe nennen, kann es religiös etikettieren, doch ebenso völlig ohne auskommen und dennoch „im Herzchakra Zuhause“ sein. Darüber wiederum hat Emanuel Swedenborg, auf den ich mich stets reichlich beziehe, zur Genüge geschrieben, weswegen vor allem seine Engelsvorstellung hier nicht fehlen darf: Swedenborg zufolge ist die himmlische Welt in ständigem Fluss, in permanenter Veränderung begriffen. Grund hierfür ist die Entwicklung der Engel, die konstant an ihrer Vervollkommnung arbeiten. Jeder Engel ist individuell. Im Gegensatz zur Annahme vieler Theologen, wonach Engel kein Geschlecht haben, ist dieses nach Swedenborg durchaus vorhanden und entspricht ihrer menschlichen Existenz zuvor, denn bei Swedenborg gehen die Engel aus Menschen hervor. Verschmelzen jedoch ein männlicher und ein weiblicher Engel miteinander, so werden sie zu einem geschlechtslosen Engel, zu einem „Engelpaar“, das als solches ganz geworden ist.
Ich halte Swedenborgs Engelvorstellung am authentischsten und sie kollidiert auch nicht mit Ruth Hubers Modell, denn nicht nur ist die jenseitige/astrale Welt umso vieles reicher und größer, als wir gemeinhin denken, sondern ist überhalb der Solarplexus-Sphäre die Ebene des Herzens (Herzchakra) und darüber die des Ausdrucks (Halschakra) usw. … Sowie es auf der Erde Evolution gibt, gibt es sie auch in den astralen Welten. Auch geistige Wesen entwickeln sich.
Engel und Erzengel, Cherubime, Seraphe, Throne – sie alle sind gleichermaßen existent und „Annahme“. Ich persönlich bin sehr wählerisch geworden, an wen ich mich wende. Ich möchte niemandem die Freude an Engelkontakten nehmen, insbesondere nicht, wenn ein Gebet verantwortungsvoll und übergeordnet ist, mehr einbezieht als „Ich brauche jetzt schnell einen Parkplatz“ und „Ist das jetzt mein Seelenpartner“ etc. … Jedoch halte ich es für ratsam, kritisch zu bleiben. Engelkontakte, insofern sie mit dem Solarplexuschakra interagieren, müssen mehr wie Geschäftskontakte betrachtet werden. Man gibt und man nimmt. Ansonsten ist es immer angebracht, den Engelbegriff als solchen zu hinterfragen. Sowie zwei Menschen über Engel reden, meinen sie meist etwas völlig anderes, was sich auch schon in der schriftlichen Ausprägung der Populär-Autorinnen Doreen Virtue, Diana Cooper und Lorna Byrne zeigt. Alle drei sind „Engel-Expertinnen“ und doch sprechen alle drei je von einem anderen „Kosmos“, haben andere Grundannahmen und – interessanterweise – alle drei andere Engel-Erfahrungen. Was nun „wahr“ ist? Nun, ich denke, eines schließt das andere nicht aus, eines ist nicht wahrer als etwas anderes, sondern alles ist gleich gültig, weil die astrale/jenseitige Welt für all das reichlich Platz hat, bzw. „unerschöpflich“ ist.
Wer ohne Engel/Götter nicht kann oder ohne Gebete kein „runder Mensch“ ist, dem sei das alles belassen. Letztendlich geht es auch immer um Resonanz, Persönlichkeit und Reife, völlig egal, wer zu wem betet und warum. Die innere Absicht/Haltung entscheidet, wie ein „Gedankenpaket“ geschnürt und adressiert wird. Ich persönlich spreche ebenfalls noch zu „astralen“ Wesenheiten, doch nur mehr noch zu jenen, die einmal menschlich gewesen waren. Dazu gehört mein verstorbener Großvater, Jesus, Franz Jägerstätter, Edith Stein, Rainer Maria Rilke, Nikola Tesla, Maharaj Charan Singh und viele andere mehr …
Literatur/Quellen:
Dr. John Dee – Die Henochische Magie, Band 1
Dr. John Dee – Die Henochische Magie, Band 2
Doreen Virtue – EE und wie man sie ruft
Lorna Byrne – Engel in meinem Haar
Diana Cooper – Die EE, deine mächtigen Helfer
Beatrice Brunner – Was uns erwartet – 12 Jenseitsberichte
Ruth Huber – Bewusstsein gewinnt, wer sich erinnert
Emanuel Swedenborg – Himmel und Hölle
William Buhlmann – Expeditionen ins Jenseits
Teilhard de Chardin – Sinn und Ziel der Evolution
(EE Abkürz. Erzengel)
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