Die Erfindung der Wahrheit – Filmrezension
Kurzinhalt: Die Lobbyistin Elizabeth Sloane (Jessica Chastain) sitzt als Angeklagte im Gericht. Ihr werden Verstöße gegen geltende Ethikregeln vorgeworfen. Im Laufe der Verhandlung rollt sich die ganze Geschichte auf. Warum und unter welchen Voraussetzungen handelte sie, wie sie es tat? Was waren ihre Beweggründe? Und ist sie wirklich so skrupellos?
Der Film Die Erfindung der Wahrheit – im Original Miss Sloane – ist ein großartiger, zeitgemäßer Film, der der Frage nachgeht wie Anstand und Ethik in einem amoralischen Gesellschaftsgefüge doch noch überleben.
Elizabeth Sloane (Jessica Chastain) ist gefragte Lobbyistin, berühmt und berüchtigt. Als die amerikanische Waffenlobby sie für eine Kampagne beauftragen will, die auch Frauen zum Waffenkauf animieren soll, schlägt sie das Angebot mit schallendem Gelächter aus. Daraufhin wechselt sie die Firma und führt statt dessen eine Kampagne, die es zum Ziel hat, den Waffenverkauf zu regulieren.
Im Bestreben, diese Kampagne zu gewinnen, nutzt sie alle denkbaren – und undenkbaren – Mittel. Sie kämpft für eine gute Sache, doch ihre Methoden lassen zunächst Zweifel aufkommen … Und heiligt der Zweck die Mittel?
Regisseur John Madden, bekannt für „Shakespeare in Love“ und „Correlis Mandoline“, ist hier meines Erachtens ein Meisterwerk gelungen, das auf sehr vielen Ebenen punktet. Einerseits ist das Thema Waffenlobby in Verbindung zur amerikanischen Politik an sich schon gleichermaßen interessant wie brisant, nicht nur seit „Columbine“, und dieses Thema wird hier dramaturgisch noch einmal intensiv nachgezeichnet, ich würde sagen „fett“ und „laut“, jedoch niemals relativierend. Andererseits ist die Erzählweise so dermaßen intelligent, die Entfaltung der Handlung so raffiniert und sind die Figuren sämtlich so stark, dass keine Sekunde lang Langeweile aufkommt. Im Gegenteil, der Film beginnt spannend und steigert sich bis zur letzten Minute, ja Sekunde, mehr und mehr, sodass man besser kein Popcorn macht. Man würde vermutlich vergessen, es zu essen.
Unglaublich auch die Figur der Elizabeth Sloane. So noch nie gesehen. Eine Frau, nicht stark und unabhängig nach Klischee, sondern stark und unabhängig durch Charakter. Kein Darling. Sie ist die graue Eminenz und absolute Beherrscherin eines Systems, das sie durch und durch versteht und daher zu lenken weiß. Bis zum Schluss ist nicht klar, ob man sie mögen, bemitleiden oder bewundern will, bis zur allerletzten Minute ist es wirklich nicht klar, danach allerdings … Aber ich will ja nicht spoilen.
Mein Fazit: Wer diesen Film nicht sieht, dem entgeht tatsächlich ein Masterpiece, das den Zeitgeist, die Stimmung und die für uns Europäer so grotesk anmutende Waffenpolitik der USA in einem intelligent erzählten Politthriller wiedergibt. Absolut sehenswert. Ein Muss. Fünf von fünf Sterne.
Der Film kann mit Klick auf das Cover gekauft/gestreamt werden
Darsteller: Jessica Chastain, Mark Strong, Gugu Mbatha-Raw, Michael Stuhlbarg, Jake Lacy
Regisseur: John Madden
Künstler: Matthew Davies, Tiffany Little Canfield, Ben Browning, Patrick Chu, Georgina Yarhi, Alexander Berner, Sebastian Blenkov, Jonathan Perera, Claude Léger, Kris Thykier, Bernard Telsey, Ariel Zeitoun, Conrad Woolfe, Jonathan Vanger
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Studio: Universum Film GmbH
Produktionsjahr: 2016
Spieldauer: 128 Minuten
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Liebe Tanja, werte Leser,
wiederum dürfen wir aus Tanja`s Fundus einen wundervollen Film geniessen, der wie du sagst fett und schrill ist. Fett in der Inszenierung und da möchte ich die schauspielerische Gesamtleistung noch hervorheben sowie schrill in der Ausführung des Plots zu einer in heutigen Tagen vorhandenen und in dutzendfachen Versionen realer Geschichten, insbesondere in DC.
In typisch amerikanischem Movie fokussiert John Madden ziemlich intensiv auf die „Skandalgeschichte“ in verschiedenen Winkeln und Segmenten auf die Person Elisabeth Sloane die perfekt ihre Rolle ausfüllt, sowohl in Mimik wie auch die spielerische Leistung, ohne aber den unmittelbaren Plot zu verlassen oder zu erweitern, was mir am Ende der Geschichte die Freiheit lässt der Fantasie Raum zu geben.
Ich würde mal meinen, real würde ich ihr ganz wenig trauen und auf eine Begegnung hätte ich keine Lust dazu -wohl gerade wegen ihres finalen Opfergehabes, dass für solche Personen so typisch ist und in Selbstverständnis vorgetragen wird, dass alle anderen in staunen versetzen kann.
Danke für den Vorschlag und allen Lesern wünsch ich gutes Vergnügen.
Liebe Grüsse -Stedi
Lieber Stedi,
danke für deine Sichtweise/Einschätzung des Films. 🙂
Ich halte den Film für absolut sehenswert, zeigt er doch sehr anschaulich, worum es seit Menschengedenken geht: Geld und Macht.
Der Callboy allerdings, am Rande der Gesellschaft und „unten“, im Grunde nur eine Nebenfigur, ist der einzige in diesem Spiel, der wahrhaft ethisch handelt. Das ist der größte Clou an dem Film. Nicht Elizabeth Sloane, nicht ihr Karriereopfer, nicht die eindringliche Darstellung eines perfiden System, sondern dieser Mann. Da überlebt die Ethik.
Mit lieben Grüßen,
Tanja
Tja, wie im realen Politbetrieb bleibt die Ethik in der Nebenrolle mit einer Kraft die niemand umhaut. Leider noch so!